Spital Affoltern verringert Verlust deutlich – doch die Zahlen trügen
«Nur» knapp 90000 Franken Verlust – dank Nachvergütungen für das Geschäftsjahr 2023

Im Februar hat das Spital Affoltern überraschend bekannt gegeben, dass das Jahresergebnis 2024 deutlich besser ausfällt, als es der Verwaltungsrat im vergangenen Herbst noch befürchtet hatte. Zuletzt war die Rede von einer «fast schwarzen Null». Inzwischen liegt das definitive Resultat vor: Aus dem Geschäftsjahr 2024 ergibt sich ein Verlust von 87 517 Franken. «Wie viele andere Spitäler konnte auch das Spital Affoltern im letzten Quartal des Jahres den grossen Teil des aufkumulierten Verlusts per Ende September wieder wettmachen», schreibt Stefan Gyseler, Verwaltungsratspräsident und Co-CEO ad interim, zum Ergebnis.
Erträge aus dem Vorjahr verbessern das Resultat deutlich
Zum besseren Ergebnis haben verschiedene Faktoren beigetragen. Einige hatte Gyseler bereits im Februar dargelegt, als die definitiven Zahlen noch fehlten: Erstens sei die Belegung besser gewesen, zweitens hätten neue Sparmassnahmen, die im Herbst eingeleitet wurden, früh gewirkt, sodass die Gemeinkosten nochmals gesenkt werden konnten. Und drittens seien bei Temporärkräften durch mehr Festanstellungen ebenfalls Einsparungen gelungen.
Als grosser Faktor hat sich mit rund 600000 Franken auch ein anderer Posten ausgewirkt: der sogenannte periodenfremde Ertrag. Dabei handelt es sich um Einnahmen, die noch aus Umsätzen des Jahres 2023 stammen, die jedoch erst im Jahr 2024 verbucht werden konnten. Dies, weil die Tarifverhandlungen zwischen dem Spital und den Krankenversicherern für diese Leistungen erst Ende November 2024 abgeschlossen waren. Weil die Tarife nun höher ausgefallen sind als zunächst verrechnet, wurde die Differenz für das Jahr 2023 nachvergütet. Laut Stefan Gyseler sind solche periodenfremden Erträge üblich; die Höhe kann jedoch stark variieren.
Rechnet man die periodenfremden Erträge von 2023 und 2024 jenen Jahren zu, in denen sie tatsächlich erwirtschaftet wurden, ergibt sich für das Jahr 2023 ein Verlust von 778000 Franken (statt wie ausgewiesen 832000 Franken). Für das Jahr 2024 resultiert ein Verlust von 687517 Franken (statt 87517 Franken).
Damit stellen sich die Geschäftsergebnisse der Jahre 2023 und 2024 in der Realität anders dar: Faktisch konnte das Spital den Verlust um lediglich 90000 Franken verringern. Der Sprung in Richtung schwarze Zahlen ist also bei Weitem nicht so gross, wie es im Geschäftsbericht den Anschein macht. Im Gegenteil, bei einem durchschnittlichen Jahresertrag im mittleren zweistelligen Millionenbereich ist er praktisch vernachlässigbar.
Von Bedeutung ist das, weil das Spital Affoltern unter grossem finanziellem Druck steht, sich mit seinen Leistungen am Markt zu beweisen: Zwar sprachen die Stimmberechtigten dem Spital an der Urnenabstimmung 2019 deutlich ihr Vertrauen aus, doch unter den Aktionären, also den Gemeinden, sind auch kritische Stimmen zu hören. Denn das Ziel, seinen Betrieb kostendeckend zu führen, hat das Spital Affoltern bisher verfehlt.
Unterschiedliche Interpretationen zwischen CEO und Verwaltungsrat
Die Kommunikation des Spitals Affoltern mutete zuletzt indes fast euphorisch an: In der Medienmitteilung zum Jahresergebnis 2024 hiess es: «Obwohl die politischen, wirtschaftlichen und gesetzlichen Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen herausfordernd sind (...), ist es unserem Spital gelungen, sich neu zu positionieren und das finanzielle Resultat sukzessive zu verbessern.»
Kann davon unter den dargelegten Umständen tatsächlich die Rede sein? «Nein», sagt Verwaltungsratspräsident Stefan Gyseler und verweist auf seine Aussagen im vergangenen Herbst: «Das Spital Affoltern hat den positiven Trend bisher noch nicht geschafft.» Zur davon abweichenden Kommunikation in der Medienmitteilung sagt er: «Es scheint, als habe der CEO das Resultat positiver bewertet, als dies der Verwaltungsrat tut.» Dass es zwischen dem Verwaltungsrat und dem Ende Februar abgetretenen CEO Lukas Rist unterschiedliche Auffassungen zum Stand des Geschäftsgangs gab, war bereits im vergangenen Dezember durchgeschimmert, als das Spital seinen Abgang kommuniziert hatte. Damals bestätigte Gyseler, dass sich der Verwaltungsrat zuletzt stärker ins operative Geschäft eingemischt habe.
Bald schon droht Konkurrenz aus Muri
Mitte Februar gab das Spital Muri bekannt, dass es seine Geburtshilfe per Ende 2025 schliesst. Stattdessen will es Bereiche mit wachsender Nachfrage stärken, darunter auch die Akutgeriatrie – für die auch das Spital Affoltern einen Leistungsauftrag hat. «Wir sind uns bewusst, dass wir hier durch einen Leistungsanbieter in unmittelbarer Nähe konkurrenziert werden», sagt Stefan Gyseler dazu. «Es ist entsprechend davon auszugehen, dass seitens des Spitals Muri versucht wird, unsere ärztlichen und pflegerischen Leistungsträger abzuwerben. Wir schliessen nicht aus, dass dies bei der einen oder anderen Person durch höhere Lohnangebote oder eine höhere Position in Muri bei uns zu Abgängen führen kann.» Um möglichst optimal vorbereitet zu sein, würden derzeit interne Gespräche geführt.