Ein richtiger «Chrampfer»
Seit 20 Jahren steht Martin Baer täglich im Dienste der Gemeinde Obfelden. Bei seinem Werdegang stand immer der persönliche Umgang mit Menschen im Vordergrund.
Die Werksmitarbeiter der Gemeinde Obfelden sind gerade am «Znüni». Aber nicht alle, ein Platz ist gerade frei. «Ein Alarm bei der Wasserversorgung», erklärt mir Martin Baer den Grund, wieso der Kollege nicht zu einer Pause kommt. Es gibt viel zu tun in der bald 6000-Personen-Gemeinde. Der gebürtige Obfelder arbeitet seit 1. Juli 2003 im Werkteam. Anfänglich war er auch noch als Stellvertreter fürs Freibad zuständig, mit der wachsenden Gemeinde änderten sich die Aufgaben aber immer wieder.
Baer kümmert sich vor allem um die Entsorgungsstelle, den Sportplatz, die Bepflanzungen und auch um den Friedhof. Und dort geht es jetzt hin. Es ist ein warmer Tag und die neu gesetzten Pflanzen benötigten Wasser. Der früh morgens in Betrieb genommene Sprinkler wird ausgeschaltet. Beim Gang durch den Friedhof neben der reformierten Kirche erklärt Baer, dass dieser von der Gemeinde betreut wird. «Er steht somit allen offen, auch wenn jemand nicht mehr einer Kirche angehört.»
Wichtige Rolle bei Beerdigungen
Die Arbeiter der Gemeinde kümmern sich um die verschiedenen Rabatten, damit das Gelände gepflegt aussieht. Aber auch Beerdigungen gehören zu seinen Aufgaben. «Die Angehörigen sind jeweils in einem Ausnahmezustand», erzählt Martin Baer. Da ist es wichtig, dass alles funktioniert. So prüfe er jeweils frühzeitig, ob eine Urne eingetroffen ist und auch die korrekte ist. Falls ein Leichnam aufgebahrt wird, muss im Aufbahrungsraum eine spezielle Kühlung in Betrieb sein. Auch hier soll nichts schiefgehen. Die Erzählungen werden von einem Anruf unterbrochen. Ein externer Chauffeur meldet sich, dass er in Kürze den Elektroschrott abholen kommt. Somit Themen- und Ortswechsel.
Bei der Entsorgungsstelle Brunnmatt bereitet der Gemeindemitarbeiter alles vor. Zuerst wird im Werkhof das Stapelfahrzeug geholt und danach werden die zu entsorgenden Kühlschränke bereitgestellt. Kaum erledigt, trifft der Lastwagenfahrer auch schon ein. Elf grosse Palettkisten sind in den letzten anderthalb Monaten zusammengekommen und werden jetzt verladen. Dazu sind auch mehrere Fässer mit Batterien und Akkus abholbereit. Dazu gehören auch Spezialpapiere für den Fahrer, da dies als Gefahrengut-Transport gilt.
«Ein ganz gefährlicher Job»
Der 58-jährige Baer hatte schon verschiedenste Aufgaben in seinem Leben. Bei der SBB startete er mit einer Lehre zum Betriebspraktiker. Nach seinem Abschluss 1985 war er einer der jüngsten Beamten. «Damals erhielten die SBB-Mitarbeitenden noch den Beamtenstatus», erklärt der jetzige Gemeindemitarbeiter. Nach sechseinhalb Jahren zog es ihn weiter. «Damals wurde dem Personal nicht so Sorge getragen», sagt er dazu, «zudem war es auch ein ganz gefährlicher Job. Da wurden jeweils ganze Züge einfach angeschubst und so beim Rangieren irgendwohin verschoben.»
Eine weitere Station führte ihn nach Birmensdorf zum ehemaligen Chemieunternehmen Scheller. Er kümmerte sich dort mit seiner Rangier-Erfahrung um das Tanklager. Nach einem Abstecher zum Tiefbauamt des Kantons Zürich mit Arbeitsort Affoltern am Albis Anfang der 90er-Jahre, fand er mit einer Umschulung verbunden eine neue Aufgabe im Spital Affoltern. Während über sechs Jahren kümmerte er sich als Gärtner um die Umgebung und auch die Pflanzen im Gebäude. «Bei Notfällen musste ich auch mal Blutkonserven transportieren», erzählt Baer von seiner Tätigkeit beim Spital. 1995 war es Zeit «für öpis total anders». Im Wohnheim Götschihof im Aeugstertal wurde er Pfleger für schwerst geistig und körperlich eingeschränkte Personen. Mit Kursen bildete er sich weiter. Während acht Jahren kümmerte er sich im Schichtbetrieb um die Bewohnenden.
Wieder etwas mit den Händen
Der Wechsel zur Gemeinde Obfelden erfolgte 2003. Nachdem er ein Inserat gesehen hatte, überlegte er sich einen Wechsel. «Ich bin auch ein Typ, der etwas mit den Händen machen will», meint er dazu. Aber nicht nur mit Handwerk kennt er sich aus, auch seine sozialen Fähigkeiten im Umgang mit Menschen waren gefragt, gerade für die Aufgaben bei Beerdigungen.
Bei der Entsorgungsstelle sind unterdessen alle Elektroschrott-Container verladen und kurzzeitige Probleme mit den Papieren gelöst. Es gilt nun noch alle neuen leeren Behälter wieder zu versorgen.
20 Jahre für den Turner-Nachwuchs
Angesprochen auf seine Hobbys, steht bei Martin Baer der Turnverein Obfelden an erster Stelle. Von klein auf war er dort mit dabei. Er durchlief die typische Laufbahn. Von der Jugendriege ging es zur damals noch bestehenden Jugend&Sport-Gruppe. Mit 18 Jahren erfolgte der Wechsel in die Aktivriege. «Damals wurde noch Gymnastik geturnt, begleitet vom Tamburin – ohne Musik. Das änderte zum Glück aber bald», meint der 58-Jährige lachend.
Mit 22 Jahren startete er nach sporadischen Einsätzen regelmässig als Leiter der Jugendriege. Er stand dazu jede Woche gut drei Stunden mit dem Turner-Nachwuchs in der Halle. Und dies ganze 20 Jahre lang. Im Turnverein Obfelden selbst übernahm er auch weitere Aufgaben wie das Training für eine Unihockey-Gruppe oder war als Schmutzli oder Samichlaus unterwegs.
Zusammen mit seinem Kollegen Patrick Huber brachte er auch das Fussball-Grümpelturnier wieder auf Kurs. Seine Beziehungen als ehemaliger Fussballer beim SC Mettmenstetten halfen ihm dabei. «Gespielt wurde dort jeweils in einer Freundschaftsliga gegen ehemalige Fussballer», erklärt Baer dazu. Mit 42 Jahren wechselte Martin Baer in die Männerriege, wo er bald wieder Aufgaben übernahm. Als Leiter führte er während elf Jahren durch die Trainings. «In der Männerriege sind von 40- bis zu 80-Jährigen alle vertreten. So war es mir immer wichtig, keine Gräben zwischen diesen Altersgruppen aufkommen zu lassen.» Für seine Verdienste ist er Ehrenmitglied im Turnverein und der Männerriege Obfelden.
Privat wohnt er seit Geburt in Obfelden. Er hat zwei erwachsene Kinder im Alter von 21 und 23 Jahren. «Ich bin gern unter Menschen, geniesse aber auch mal die Zeit ums Haus herum und kümmere mich dort gerne um den Garten», fasst er seine Person zusammen. Gefragt nach der Schreibweise seines Namens berichtet Baer, dass er amtlich als Martin Bär geführt sei. Aber eigentlich werde sein Familienname seit Urzeiten mit «ae» geschrieben. Aber irgendwann sei das vertauscht worden und lasse sich nicht mehr ändern. Die Arbeit geht an diesem Tag für ihn weiter und er verabschiedet sich. Beim Weglaufen erblickt man auf seinem T-Shirt das Wort «Chrampfer». Das passt.