«Ich gehöre zu einer aussterbenden Gattung»
Der Metallplastiker Beat Schmid schafft in der Fabrik am Weiher in Zwillikon Kunstwerke aus Schrott und Abfall
Der Metallplastiker und Lichtkünstler Beat Schmid arbeitet mit sperrigen, kantigen und schweren Materialien, was mitunter erheblichen Lärm verursacht. Mit robusten Werkzeugen wie Schneidbrenner, Hammer und Trennscheibe formt er aus Fundstücken erstaunlich filigrane und fantasievolle Lichtobjekten, Metallskulpturen und -bilder. Seit einem Jahrzehnt findet er sein kreatives Refugium in der Werkplatz Galerie in der Fabrik am Weiher in Zwillikon. Er erklärt: «Meine Kunst benötigt grosse Räume mit ausreichend Licht, die ich mir in der Stadt Zürich aufgrund der marktüblichen Mietpreise nicht mehr leisten konnte.» Nach 20 Jahren musste er sein Atelier in einer alten Schlosserei im Zürcher Stadtkreis 4, seinem Geburts- und Heimatort, aufgrund von Sanierungsarbeiten räumen. Dabei liess er eine über die Jahre gewachsene Infrastruktur und eine gut funktionierende Gemeinschaft zurück. «Das war bitter», sagt der 70-Jährige rückblickend. In der Fabrik am Weiher in Zwillikon fand er schliesslich einen 120 Quadratmeter grossen Werkplatz im 2. Stock, der seinen Anforderungen entsprach. Die Eröffnung erfolgte 2014. «Obwohl mir der industrielle Charakter einer Grossstadt in Zwillikon fehlt, schätze ich an meinem heutigen Arbeitsort die Ruhe.»
Vom Material inspiriert
Die Werke von Beat Schmid zeugen von einer aussergewöhnlichen Originalität und spielerischen Leichtigkeit. Gleichzeitig zeichnen sie sich durch eine bemerkenswerte Beweglichkeit und Greifbarkeit aus. Das sieben Meter hohe Lichtobjekt namens «Ohm», der aus Stahl gefertigte Wächter, der den mit einem roten Teppich ausgelegten Gang im Atelier flankiert, sowie die Waldpilze, die aus Turbinengehäusen und Waschmaschinentrommeln gemacht sind, belegen seine kreative Vielseitigkeit. «Beistelltische, Hocker oder die Bar im Atelier sind Designstücke, die ich aus recycelten Materialien herstelle», ergänzt der Künstler. «Insgesamt umfasst mein kreatives Schaffen acht Werkgruppen.»
Sie reichen von Metallbildern und -objekten über Skulpturen bis hin zu Lichtobjekten und ausgewählten Designkreationen in verschiedenen Grössen und Formen. «Die Struktur, Textur und Farbe des Werkstoffes haben einen nachhaltigen Einfluss auf den Gestaltungsprozess», erklärt Beat Schmid. «Ich lasse mich vom Material inspirieren und entscheide dann, welche Form, welchen Stil und Inhalt ich dem Werk geben will.» Die Auswahl der Werkstoffe erfolgt sorgfältig, wobei er kiloweise Industrieabfälle wie Rohre, ausgemusterte Schiffsschrauben oder Waschmaschinentrommeln erwirbt – immer nur so viel, dass er alles noch lagern kann. «Vor Beginn meiner Arbeit fotografiere ich jedes Fundstück, betrachte die Formen und erstelle technische Skizzen zu meinen Ideen.» Das Material gibt ihm den Spielraum zur Entfaltung vor. «Schrott und Abfall haben eine Geschichte, die sich neu erzählen lässt», erklärt der Künstler bezüglich seiner Motivation. «Dabei denke ich beispielsweise an den Aufstieg und Fall der Industrie oder die Ästhetik des Zerfalls. Die Arbeit mit Industrieabfall thematisiert neben der Ästhetik auch immer die Möglichkeit der Wiederverwertung.» Und wann ist ein Werk vollendet? «Dann, wenn ich es abschliessend fotografiert habe», fügt er an.
Nicht produktiver, aber spielerischer
Die Affinität zu Schrott und Abfall aus der Schwerindustrie zeigte sich bei Beat Schmid schon früh. «Schon als Kind verbrachte ich viel Zeit auf dem Schrottplatz», erzählt er. Während seiner Ausbildung zum Kunstschmied erwarb er die handwerkliche Grundlage für seine spätere Tätigkeit als freischaffender Metallplastiker und Lichtkünstler. Doch Ateliermiete und Material kosten Geld, und freies Kunstschaffen erfordert Zeit. «Ich arbeite lange an meinen Werken; von der ersten Idee bis zur fertigen Skulptur vergeht sehr viel Zeit.» Obwohl er Arbeiten verkauft – einige seiner Werke stehen im halböffentlichen Raum, beispielsweise in Verwaltungsgebäuden, andere veräussert er an Privatpersonen – konnte er seinen Lebensunterhalt nie damit bestreiten. Daher arbeitete er bis zu seiner Pensionierung in Teilzeit als soziokultureller Animator. «Seit meiner Pensionierung vor fünf Jahren bin ich nicht unbedingt produktiver, aber meine Arbeiten haben einen spielerischeren Charakter bekommen», antwortet er auf die Frage nach der Veränderung seiner künstlerischen Tätigkeit. «Mit fortschreitendem Alter konzentriere ich mich vermehrt auf kleine Objekte, vollende begonnene Werke und arbeite an den Dokumentationen meiner Arbeiten. Viele Kunstschaffende arbeiten heute virtuell. Metallplastiker gehören zu einer aussterbenden Gattung», findet er. «Dennoch bleibe ich meinem kreativen Schaffen treu und widme mich weiterhin meiner Arbeit im Atelier in Zwillikon.»
Werkplatz Galerie, Fabrik am Weiher, 2. Stock, Alte Affolterstrasse 1, Zwillikon. Telefon/Fax 044 242 32 83, Mail beat.schmid@werkplatz-galerie.ch. www.werkplatz-galerie.ch. Die Werkplatz Galerie ist auch Ausstellungsraum und kann nach Vereinbarung besucht werden.