«Plastik statt Gold? Das war für mich zuerst ein Schock»
Marianne Egli begleitete als PR-Verantwortliche die Anfänge der Swatch-Uhren
Ihr Vater war Coiffeur in Hausen, und sie hätte eigentlich Lehrerin werden sollen. Aber es kam anders. «Ich wollte nach der Sekundarschule auf keinen Fall die Töchterschule in Zürich besuchen. Ein Schock für meine Eltern. Eilig wurde ein Jahr in Genf organisiert. Mit Schule und mit Einsatz als Kindermädchen nebenher.» Marianne Egli schmunzelt beim Erzählen und fährt fort: «Ich wohnte bei einem berufstätigen Paar mit zwei kleinen Kindern und einem sehr aktiven Sozialleben. Sie boten mir als Ersatz für die Schule eine Privatlehrerin für Französisch und Klavierunterricht an. Das alles gefiel mir gut.» Sie absolvierte danach die KV-Ausbildung und fand durch einen Onkel, der bei der NZZ arbeitete, den Weg in die Werbebranche, wo sie sich von der Pike auf und durch Weiterbildung das nötige Können erarbeite.
Ein besonderes Highlight war für sie die Zeit in den USA. Sie nahm an einem Programm für junge Business-Leute teil. Dieses umfasste auch ein Arbeitsvisum für maximal 18 Monate. «Der Lehrgang an der Uni war nicht so der Hit. Ich wollte aber unbedingt in New York an der Madison Avenue in einer der berühmten Werbeagenturen arbeiten.» Das gelang ihr auch. Zuerst habe sie aber nur Rechnungen abgetippt. Durch ihre umfassenden Sprachkenntnisse sei sie jedoch schliesslich von Abteilung zu Abteilung weitergegeben worden und habe so in den eineinhalb Jahren viel gelernt und spannende Erfahrungen gesammelt.
Eigene Kommunikationsagentur
An ihre Kindheit, die sich oft im Coiffeursalon abspielte, hat sie mehrheitlich gute Erinnerungen. «Mein Vater war sehr engagiert im Dorf Hausen, meine Mutter erledigte unter anderem die Administration des Geschäfts. Und wir Kinder mussten immer anständig sein und die Leute grüssen.» Doch ihre Eltern hätten trotz des Salons viel Zeit gehabt für sie und ihren Bruder. «Wir gingen zwar nie weit weg in die Ferien, unternahmen aber oft Ausflüge oder reisten ins Berner Oberland.»
Als Marianne Egli von den USA heimkehrte, fand sie eine Stelle in einer Werbeagentur in Zürich und lernte dort auch ihren zukünftigen Mann kennen. «Er arbeitete als Grafiker. Wir heirateten und zogen 1974 hierher in dieses Haus nach Sellenbüren.» Beruflich machte sie sich selbstständig. «Ich hatte meine eigene kleine Agentur im Zentrum von Zürich und betreute namhafte Kundschaft aus dem Luxusbereich Uhren, Schmuck und Mode.»
«Das muss ich machen!»
Als eine ihrer Arbeitskolleginnen einen neuen Freund hatte, geschah etwas Unerwartetes. «Der Mann stand eines Tages in meinem Büro und klaubte aus der Hosentasche ein paar Plastikuhren.» Er habe sie gefragt, ob sie als PR-Frau in dieses Geschäft einsteigen würde. «Plastik statt Gold? Das war für mich zuerst ein Schock.» Doch dann habe sie entschieden: «Das muss ich machen!»
1983 begann ihre Swatch-Zeit. Lachend meint sie: «Meine Aufgabe war, als Teil des damals noch sehr kleinen Teams PR zu machen. Es ging um die gesamte Medienarbeit, ums Rekrutieren und Betreuen von PR-Agenturen in anderen Ländern. Zudem war das Ziel, diese Uhr als Modeartikel, der tickt, bekannt zu machen und mitzuhelfen, die Marke Swatch weltweit aufzubauen und zu festigen.» Es funktionierte. Sie erklärt: «Wenn ein Produkt im richtigen Moment am richtigen Ort ist, Qualität und Preis stimmen und genügend Geld für das Marketing zur Verfügung steht, muss es funktionieren.»
Während 18 Jahren arbeitete Marianne Egli als externe Unternehmerin für Swatch. Rückblickend schwärmt sie: «Es war der tollste Job, den es damals gab! In der Swatch-Szene herrschte eine familiäre Atmosphäre, und ich war die PR-Gluggere.» Ihre Freude an den «Plastikuhren» wuchs immer mehr. «Die dauernd wechselnden Designs, die damit verbundenen fast unbegrenzten Möglichkeiten faszinierten mich, und ich kannte zu jeder neuen Kollektion die Geschichte und auch die Schöpfer.»
PR für die Masoala-Halle
Ab dem Jahr 2000 übernahm sie eine Arbeit in einer völlig anderen Welt: Sie machte PR im Hinblick auf den Bau der Masoala-Halle im Zoo Zürich und war auch nach der Realisierung weiter für den Zoo tätig. Damit nicht genug. Ihre letzte berufliche Herausforderung packte sie 2009 an und wurde Teil eines Projektes in der Entwicklungszusammenarbeit zwischen der Schweiz und dem südlichen Afrika. «Da bin ich nochmals richtig durchgestartet und war bis 2018 regelmässig in Namibia und Sambia», berichtet sie. Jetzt setze sie sich vor allem im Dorf Stallikon ein, zum Beispiel für die Kafimüli oder die 900-Jahre-Feier, wo sie für die Kommunikation verantwortlich war.
Rückblickend auf ihre spannende berufliche Laufbahn fasst sie zusammen: «Ich habe durch meine Arbeit viel Weitsicht gewonnen und auch den Mut, mich auf Neues einzulassen. Und oft hatte ich auch einfach Glück.»
Doch nun genug geredet. Jetzt holt Marianne Egli einen grossen Korb und packt Swatch-Uhren aus vergangenen Zeiten aus. Liebevoll hält sie jede einen Moment in der Hand und betrachtet sie. Am liebsten würde sie nun die Geschichte zu jeder dieser etwa 700 Uhren erzählen. Doch als PR-Frau weiss sie, dass dies den Umfang des Artikels sprengen würde.